Interaktive Geschichten mit Twine erstellen

„Du gehst einen dunklen Pfad entlang, der sich plötzlich zu verzweigen beginnt. Ein Weg führt nach links, ein anderer nach rechts. Für welchen wirst du dich entscheiden…?“ – Sicherlich hat jeder von euch schon einmal ein solche oder ähnliche Entscheidungssituationen irgendwo erlebt. So leben z.B. digitale und analoge Rollenspiele sehr davon, dass der Spieler selbst Einfluss auf das weitere Geschehen hat. Aber auch Comics oder Bücher haben teilweise Elemente, in welchern der Leser selbst entscheiden kann, wie eine Geschichte weitergehen wird. Frei nach dem Motto: Soll die Hauptfigur Handlung 1 machen, lies auf Seite 10 weiter, bei Handlungs 2 auf Seite 20. Solche interaktiven Geschichte sind dabei nicht nur spannend, sondern machen den Leser oder Spieler auch aktiv Teil der Handlung, da er nicht nur passiv konsumiert, sondern auch aktiv daran beteiligt ist.

So ein Szenario bietet sich daher auch gut für den Einsatz im Unterricht an, da man methodisch hier eben weg vom passiven Konsumieren geht und die SchülerInnen durch das Treffen von Entscheidungen die Geschichte beeinflussen lässt. Zum einen erzeugt es so Spannung an der eigentlichen Geschichte, kann aber auch gezielt zum Fragen von Stoff aus dem Unterricht genutzt werden. Wenn wir also wieder zum Ausgangsszenario kommen: Anstatt zwei „gleichwertigen“ Wegen stehen nun zwei Wörter über den Pfaden: Über dem einen steht eine 1, über dem anderen eine 2. Und der Spieler findet an der Wand lediglich die Info „gerade“. Hier kann man nun verknüpfen, dass mit „gerade“ eine gerade Zahl, also die 2 gemeint ist. Und dieser Weg nun der „richtige“ ist.

Anstatt Zahlen können hier natürlich auch Vokabeln, Begriffe oder andere Sachen auftauchen, wie ich es beispielsweise in meinem Lateinunterricht eingesetzt habe: Worauf ich hinaus möchte ist die Tatsache, dass sich interaktive Geschichte gut zum Einsatz im eigenen Unterricht eignen können. Wir möchten euch heute mit Twine ein Tool vorstellen, mit welchem ihr nämlich genau das machen könnt. Eine eigene, auf euren Unterricht abgestimmte Geschichte erzählen.

Vorstellung des Tools

Twine selbst findet ihr auf der Seite https://twinery.org/2/#/. Hier könnt ihr auf der Seite entweder eine Desktop-Version herunterladen oder direkt in der Browser-Variante starten. Letzteres ist dabei relativ unkompliziert, da ihr hier keinen eigenen Account benötigt. In dieser Variante landet ihr dann auch gleich im Arbeitsbereich und könnt quasi loslegen.

Euer Arbeitsbereich ist dabei relativ übersichtlich: Oben findet ihr die verschiedenen Reiter, in welchen ihr verschiedenen Funktionen findet. Der „wichtigste“ Reiter ist dabei aber der Geschichte-Button, da ihr hier an eurer Geschichte arbeitet. Mit „+ Neu“ fügt ihr eurer Geschichte sozusagen einen Anfang hinzu. Nachdem ihr eurer Geschichte einen Titel gegeben habt, erscheint auch gleich die Arbeitsfläche inklusive eures „Startabschnitts“. Mit einem Doppelklick auf dieses könnt ihr dies nun editieren und mit der Geschichte anfangen.

Nach dem Doppelklick habt ihr auf der rechten Seite dann ein Bearbeitungsfeld, mit welchem ihr die ersten Schritte eurer Geschichte schreiben könnt. In diesem Beispiel geht es um ein Geisterhaus, vor welchem der Spieler steht. Hier können nun die ersten Pfade genutzt werden, indem man Abzweigungen mit zwei eckigen Klammen [[ und ]] markiert. In diesem Fall sind das dann die Optionen, welche der Spieler hat: In das Haus hineingehen oder wieder weggehen. Diese Pfade erscheinen dann auch bildlich vom Ursprungspfad, direkt auf der Arbeitsfläche. Auf diese Weise können so nach und nach verzweigte Geschichten entstehen, die von den Entscheidungen der Spieler leben.

In diesem konkreten Beispiel führe ich die Geschichte jetzt so weiter, dass man beim Betreten des Hauses die Entscheidung gestellt wird, einen Lichtschalter zu drücken oder es nicht zu tun. Durch den lateinischen Hinweis „Noli premere!“ (-> Nicht drücken!) gibt es hier einen Hinweis, dass der Spieler jenen Schalter eben nicht drücken soll. So kann man gezielt Wissen aus dem Unterricht abfragen, ohne es zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Die SchülerInnen sehen, dass sie sich in diesem Geisterhaus nur zurechtfinden werden, wenn sie bspw. hier das Wissen der aktuellen Grammatik aus dem Lateinunterricht parat haben. Derselbe Effekt kann natürlich auch auf andere Sprachen etc. angewandt werden. Wichtig ist das grundsätzliche Prinzip, welches Twine ermöglicht: Ein interaktives Lernabenteuer schaffen, in welchem spannende Geschichten und wichtige Entscheidungen mit Inhalten aus dem Unterricht geschickt verknüpft werden können.

Eine Geschichte testen und veröffentlichen

Wenn ihr mit eurer Geschichte zufrieden seid, könnt ihr diese unter dem Reiter „Build“ testen und spielen. Hierbei seht ihr dann auch, ob alles so funktioniert und miteinander verknüpft ist, wie ihr euch das vorstellt. Um den Twine euren SchülerInnen zugänglich zu machen, müsst ihr diesen danach als Datei veröffentlichen. Den dazugehörigen Reiter findet ihr auch hier im „Build“-Bereich oben. Ihr erhaltet dann eine html-Datei, welche euer Twine beinhaltet. Damit eure SchülerInnen diesen nun Spielen können, müssen sie auf ihrem Endgerät ebenfalls auf die Seite https://twinery.org/2/#/ zugreifen. Nachdem sie diese im Browser gestartet haben, müssen sie auf den Reiter „Bibliothek“ gehen, wo sich de Befehl „Import“ befindet. Hier müssen sie draufdrücken und dann die html-Datei, welche das Twine beinhaltet, importieren. Das bedeutet, dass den SchülerInnen die Datei somit zuvor erstmal zugänglich gemacht werden muss. Dies kann über Plattformen wie https://filehorst.de/, über interne Programme wie z.B. IServ oder auch einfach via AirDrop etc. geschehen. Nach dem Importieren können die SchülerInnen mit Doppelklick auf das Twine, Klick auf Bibliothek und dann „Spiele“ mit dem Spielen beginnen.

Fazit

Mit dem folgenden Bild starteten die SchülerInnen in mein für den Lateinunterricht erstelltes Twine. Hierbei waren sie in einem dunklen Labyrinth gefangen und mussten durch das Lösen kleinerer Rätsel zum Aktiv/Passiv aus jenem Labyrinth entkommen. Das Spielen hat den SchülerInnen sehr viel Spass gemacht und sie haben dabei auch gezielt noch einmal die unterschiedlichen grammatischen Besonderheiten zu Aktiv und Passiv wiederholt, ohne dabei wahrzunehmen, dass dies im Vordergrund stand. Die Grammatik wurde nicht der Grammatik wegen nachgeschlagen, sondern um in der Geschichte voranzukommen. Insofern werde ich Twine auf jeden Fall weiter nutzen.

An dieser Stelle auch nochmal vielen Dank an das #twlz und vor allem @MaMey1975 für das Vorstellen dieses tollen Tools auf dem #ecdus22. 🙂

Material

  • weitere Variabeln für Twine
  • Handout mit einer kurzen Übersicht
  • Wenn ihr mein Twine einmal austesten oder als Inspiration nutzen wollte, könnt ihr es hier herunterladen.

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2 Antworten

  1. Ich habe Twine auch schon benutzt und die SuS mussten eigene Stories entwickeln. Zum Spielen resp. veröffentlichen habe ich ein Padlet (oder taskcard) erstellt, auf dem die SuS ihre html Files hochladen konnten. Dies fand ich einfacher als die anderen importieren zu müssen und man kann dann direkt alle ausprobieren.

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