Im folgenden Gastbeitrag stellt euch Lisa von @beziehungmachtschule vor, wie sie E-Portfolios als Alternatives Prüfungsformat im Lateinunterricht eingesetzt hat. Es lohnt sich möglicherweise, die begleitende Pinnwand (hier) beim Lesen des Artikels in einem weiteren Tab zum Nachvollziehen der Struktur geöffnet zu haben.
Was ist ein E-Portfolio
Ein Portfolio ist eine Sammlung deiner selbst ausgewählten Produkte zu einem bestimmten Thema/ einer bestimmten Aufgabe. Im E-Portfolio können diese Produkte auch digital sein. Die Klasse ist grundsätzlich frei darin, wie sie die Aufgaben technisch umsetzt. Es können Audios, Videos, handschriftliche Texte, Grafiken und andere Sachen hochgeladen werden. In diesem Portfolio geht es darum, dass sich die Lernenden möglichst selbstständig die Inhalte eines Themas, in diesem Beispiel Lektion 26 aus dem Lateinunterricht erschließen, fachlich kritisch mit KI umgehen und am Ende ein kreatives Produkt zu Augustus erstellen. Im Lernprozessportfolio sind die Entwicklung und Selbstreflexion der Lernenden, also der Blick auf das eigene Lernen und die gewählten Wege, ein besonders wichtiger Bestandteil.
Für wen ist die Methode geeignet?
Die E-Portfoliomethode ist eine besonders geeignete Methode, wenn du den Lernprozess deiner Schüler*innen sichtbar machen und sie noch stärker zum selbstorganisierten Lernen und zur Selbstreflexion anleiten möchtest. Durch das Portfolio gelingt eine aktive Auseinandersetzung mit dem eigenen Lernen und Arbeiten. Unsichtbare Schritte, die zu einem Ergebnis führen, werden durch gezielte Reflexionsfragen deutlich und nutzbar für den weiteren Weg. Die vorliegende Unterrichtsreihe bezieht sich auf Lektion 26 des (blauen) PONTES und beschäftigt sich inhaltlich mit den neuen Vokabeln der Lektion, der Wiederholung des ablativus absolutus und der Einführung des nominalen abl.abs. Das Thema der Lektion ist Kaiser Augustus, sein politischer Wertegang und seine Herrschaftsperiode.
Neben fachlichen Kompetenzen liegt der Schwerpunkt dieser Portfolioarbeit auf der Selbstreflexion und Selbstorganisation sowie auf digitalen Fähigkeiten, zu denen auch der Umgang und Einsatz von KI gehören. Um mit der KI datenschutzkonform arbeiten zu können, nutze ich mit meinen Lerngruppen den fobizz-Klassenraum. In den fobizz-Tools könnt ihr einen Klassenraum und entsprechend viele Einzelzugänge erzeugen, anschließend wählt ihr aus, welche KI-Systeme der Lerngruppe zur Verfügung stehen soll. Für die vorliegende Portfolioarbeit habe ich die Sprachmodelle und die Bild-KI freigeschaltet.
Organisation der Einheit
Die im obigen Abschnitt vorgestellt Einheit, habe ich mit einer digitalen Pinnwand visualisiert. Ich teile mit euch hier die TaskCards (hier), die auch meinen Schüler*innen zur Verfügung stand, damit ihr euch einen Überblick über den Aufbau des Portfolios verschaffen könnt.
In der geteilten Pinnwand fehlen die jeweiligen Buchseiten, die ihr – je nach Lizenz – noch auf eure Pinnwand hochladen müsstet. Ggf. arbeitet eure Lerngruppe auch mit dem analogen Buch. Dann genügt ein Hinweis auf die jeweilige Seitenzahl. Innerhalb der Pinnwand findet ihr noch ein Vokabel-Kahoot, das über meinen eigenen Account freigeschaltet wurde. Falls ihr selbst die Testergebnisse eurer Lerngruppe einsehen möchtet, müsstet ihr das Kahoot kopieren und euren Schüler*innen zuweisen. Durch die Kopierfunktion in taskcards könnt ihr die Pinnwand nach eigenen Wünschen ergänzen oder abändern. So kann sie auch für eine andere Lektion oder ein anderes Fach genutzt werden.
Wenn ihr einen TaskCards-Zugang für den Bildungsbereich habt, könnt ihr unendlich viele Pinnwände erstellen und die Pinnwand nach Fertigstellung für jeden Schüler und jede Schülerin kopieren und anschließend mit ihm/ihr teilen. So hat nur der Schüler/ die Schülerin und ihr Zugang zur Pinnwand, auf die alle Ergebnisse hochgeladen werden. Weiterhin habt ihr die Möglichkeit euren Lernenden individuell auf ihrer eigenen Pinnwand ein Feedback zu geben. Ich habe dazu eine bestimmte Kachelfarbe (gelb) mit meiner Lerngruppe vereinbart, dadurch ist schnell ersichtlich, ob ein neues Feedback vorliegt, das für die weitere Arbeit genutzt werden kann.
Durchführung der Einheit
Dieses Portfolio wird in Einzelarbeit angefertigt. Eine Ausnahme bildet möglicherweise die letzte kreative Aufgabe. Sollten die Lernenden hierfür eine Idee haben, die nur zu zweit umsetzbar ist, können sie diese der Lehrkraft vorstellen, und es wird gemeinsam überlegt, wie die Teamaufteilung erfolgen kann. Den Lernenden stehen in dieser Pinnwand verschiedene Aufgaben zur Verfügung, die nicht alle bearbeitet werden müssen. Sie wählen selbst pro Einheit aus, welche Aufgaben und Methoden sie für sich als am besten geeignet erachten, um Fortschritte zu erzielen. Ebenso entscheiden sie, was sie hochladen möchten. Zu Beginn jeder Einheit finden die Lernenden die Anzahl der Pflichtaufgaben.
Reflexion und Feedback
Zentral bei der Arbeit an ihrem eigenen Portfolio ist, dass dieses den Lernprozess abbildet. Das bedeutet, dass die Lernenden selbst und ihr Lernen im Zentrum stehen. Dies gelingt nur dann, wenn sie sich – gegebenenfalls mit Unterstützung der Lehrkraft – ihren Lernprozess vergegenwärtigen. Dazu wird es immer wieder Selbsteinschätzungsbögen und Reflexionsaufgaben geben, für die sich die Lernenden Zeit nehmen sollten, um sie detailliert zu beantworten. Weiterhin wird zwischendurch immer wieder Zeit für kurze Reflexionsgespräche eingeplant. Zudem erhalten die Lernenden regelmäßig Feedback innerhalb der digitalen Pinnwand (gelbe Kacheln). Wie sie mit diesem Feedback umgehen, um ihre Arbeit zu verbessern, ist ein weiterer zentraler Bestandteil des Portfolios.
Bewertung
Dieses Portfolio zeigt den Lernprozess der Lernenden. Es geht nicht darum, von Anfang an immer alles richtig zu machen. Vielmehr ist es entscheidend, ob sie bereit sind, von ihrem Ausgangspunkt aus weiter zu wachsen, sich persönliche Herausforderungen zu suchen und das Feedback sinnvoll zu nutzen. Zentral bei der Bewertung wird daher sein, wie sie mit Fehlern umgegangen sind und welchen Herausforderungen sie sich gestellt haben. Selbstreflexion und der Umgang mit Fehlern werden ein Kern der Bewertung sein. Weitere Bewertungskriterien werden etwa in der Mitte der Bearbeitungszeit gemeinsam besprochen. Dabei sind die Vorschläge der Lernenden wichtig. Es wird sich also gemeinsam auf ein Bewertungsraster geeinigt.
Während die Schüler*innen an ihren Aufgaben arbeiten, können wir als Lehrkräfte in die Rolle des Lernbegleiters/ der Lernbegleiterin schlüpfen. Dies ermöglicht uns Freiräume, um auch in kurzen Reflexionsgesprächen mit den Lernenden über den aktuellen Stand und auftretende Schwierigkeiten sprechen zu können. Am Ende der Portfolioarbeit kann sich ein Portfoliogespräch anschließen, das die Arbeit und den Lernprozess nochmals zusammenfasst. Wie dies organisatorisch umgesetzt werden kann, ist auch von der Stundenanzahl in der Lerngruppe abhängig. Schön ist es, wenn ihr für jeden Schüler/ jede Schülerin ca. 10 Minuten einplanen könnt, was evtl. am Elternsprechtag umsetzbar ist. Denn dann kann das Ergebnis auch den Erziehungsberechtigten vorgestellt werden. Falls dies nicht möglich ist, habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, das Portfolio in Auswahl (s. letzte Spalte der Pinnwand) in einer Videopräsentation vorstellen zu lassen, die mit der Lehrkraft geteilt wird. Die Videopräsentation kann eine vertonte PowerPoint-Präsentation sein oder mit der Bildschirmaufnahmefunktion des iPads umgesetzt werden.
Ich freue mich, wenn ihr den Einsatz des Portfolios im Latein- oder Fremdsprachenunterricht ausprobiert. Für Fragen und Anregungen meldet euch gerne über meinen insta-Account: @beziehungmachtschule
Viel Spaß bei der Umsetzung!
Lisa