Das Serious Game „Mission 1929“ im Geschichtsunterricht

Am letzten Montag erschien das Serious Game „Mission 1929 – Freiheit unter Druck“, in welchem die Schüler*Innen die letzten Jahre der Weimarer Republik auf spielerische Weise erleben können. Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Punkte durch das Herausgeben von Zeitungsartikeln zu erzielen, welche die Menschen vor der drohenden Gefahr für die „junge“ Demokratie in den Jahren 1929 bis 1933 warnt. Hierbei schlüpfen die Spieler*Innen in die (fiktive) Rolle der Journalistin Eva, die sich bei Freunden und Bekannten umhören muss, welche Themen sie interessieren. Dabei kann man jedoch nicht einfach alles veröffentlichen, was man hört, denn Eva hat nur einen begrenzten Vorrat an Zeitungspapier.

Insgesamt greift das Spiel verschiedene historische Ereignisse der damaligen Zeit auf und verknüpft diese durch die Perspektive von fünf verschiedenen Personen, welche Eva als Gesprächspartner dienen, miteinander. So erzählen einem die unterschiedlichen Charaktere vom Börsencrash 1929, von der steigenden Arbeitslosigkeit, dem Aufstieg der NSDAP und schließlich der Wahl Hitlers zum Reichskanzler. Jeder Charakter hat dabei auch eine eigene Perspektive: So äußern sich demokratische Charaktere eher negativ über den Aufstieg der NSDAP, während Rechtsextreme und Rechts-Konservative dies begrüßen. Dazu tauchen im Spiel teilweise auch Originalquellen (wie z.B. Wahlplakate) auf, die von den jeweiligen Charakteren dann auch kommentiert werden.

Einsatz im Unterricht

Inhaltlich eignet sich das Spiel also perfekt für den Einsatz innerhalb einer Einheit zur Weimarer Republik. Aus dem Grund habe ich es auch mit meinem Leistungskurs (Jahrgang 13) gespielt, da wir somit gleich die mediale Rezeption dieses Themas besprochen konnten. In unserer Einheit hatten wir das Thema schon besprochen: Die Schüler*Innen kannten also die Hintergründe des Endes der Weimarer Republik schon und waren inhaltlich mit den im Spiel dargestellten Themen vertraut. Technisch gesehen ist der Einsatz ebenfalls unkompliziert, da lediglich ein Rechner mit Internetzugang gebraucht wird. Das Spiel lässt sich einfach über den eigenen Browser starten.

Konkret habe ich für das Spiel eine Doppelstunde eingeplant: Einen Einstieg von 10 Minuten, in welchen wir über das Genre „Serious Game“ und Wissensvermittlung von Videospielen diskutiert haben, dann eine Phase von 5 Minuten, in welchen ich das Spiel kurz vorgestellt habe und wir das Tutorial dann gemeinsam gespielt haben. Danach ging es in die Spielphase, welche 45 Minuten dauert. Nach einer Pause von 5 Minuten blieben dann noch 25 Minuten zur Besprechung der Aufgaben und ein Fazit zum gesamten Spiel.

Parallel zum Spielen des Spiels habe ich den Schüler*Innen ein kleines Arbeitsblatt mitgegeben, welches ich auf Basis des von den Entwickler*Innen bereitgestellten Materials erstellt habe. Ihr findet das Material unter diesem Link. Das dortige Material eignet sich bereits für den Einsatz im Unterricht, ist allerdings auf 45 Minuten ausgelegt. Da ich nur 25 Minuten zum Besprechen und Auswerten hatte, habe ich die dortigen Vorlagen etwas angepasst und gekürzt.

Diese Vorlage diente zur Auseinandersetzung mit den historischen Hintergründen: Die Lernenden sollten zum einen die wichtigsten Ereignisse, die das Spiel in Bezug auf den Untergang der Weimarer Republik aufgreift, nennen. Danach sollten dann die Personen im Spiel bezüglich ihrer politischen Einstellung untersucht werden: Welche Figur steht für welche politische Einstellung?

Der zweite Teil diente dann dem kritischen Feedback das Spiels. Hier wollte ich gerne eine Art „Bewertung“ von ihnen bekommen, sowohl im Hinblick auf die spielerischen als auch auf die inhaltlichen Elemente. Jede Frage war dabei so aufgebaut, dass wir die Aussagen im Plenum gemeinsam besprochen haben, aber dann jeder eine eigene Bewertung abgeben konnte. Die letzte Frage schließt dann wieder die Brücke zum Einstieg, indem wir über Serious Games als Möglichkeit der Geschichtsvermittlung und über deren Chancen bzw. Risiken diskutiert haben.

Auswertung

Insgesamt hat Mission 1929 den Schüler*Innen viel Spass gemacht. Waren sie am Anfang noch ein wenig skeptisch, machten sie sich danach schnell auf die Suche nach interessanten Schlagzeilen, was ein Schüler nach dem Spielen als Art „Detektivspiel“ bezeichnete. So sammelten sie munter Punkte und tauschten sich aus, was sich zu publizieren lohnte und was eher nicht. Hier fiel es positiv auf, dass die Schüler*Innen irgendwann bemerkten, dass die großen Ereignisse, welche wir vorher auch schon im Unterricht besprochen hatten, tendenziell auch mehr Punkte als eine pünktliche Reichsbahn bringen. Am Ende konnten sie so alle über 30 Punkte erringen, eine*r Schüler*In gelang es sogar, den Highscore von 47 Punkten zu knacken. Generell war der Highscore ein gutes Element, die Schüler*Innen zu motivieren.

Dementsprechend positiv war dann danach auch die Nachbesprechung: So lobten die Schüler*Innen das Spiel dafür, dass es geschickt inhaltliche Themen auf spielerische Art und Weise vermitteln würde. Rechneten sie am Anfang mit einem reinen Durchklicken durch viele Texte, überzeugte sie das detektivische Sammeln von Informationen in Kombination mit den verschiedenen Charakteren. Gerade die „extremeren“ Charaktere waren für die Schüler*Innen gut „analysierbar“, bei den drei gemäßigteren meinten sie, dass hier klarere Unterschiede gut gewesen wären, da es z.B. schwieig gewesen wäre, dort die genaue politische Richtung herauszuarbeiten. Im Endeffekt bewerteten sie die Breite der Personen und der politischen Sichtweisen aber als positiv. Gelobt wurde auch der Comic-Stil, der gleichzeitig „einfach“, aber doch ganz schick wirkte.

In Bezug auf das Lernen meinten die Schüler*Innen, dass das Spiel durchaus Wissen vermitteln kann. Da wir diesen Zeitabschnitt im Geschichtsunterricht jedoch schon besprochen hatten, konnten sie nicht wirklich einschätzen, wie es wäre, wenn sie sich den Stoff noch nicht gekannt hätten. So erkannten sie aber viele Dinge wieder und konnten sie logisch miteinander in Verbindung bringen. Auch der chronologische Aufbau wurde gelobt, da die Abhängigkeiten der einzelnen Ereignisse so noch deutlicher wurde. Teilweise wurde sich jedoch noch ein etwas tieferer Einblick in verschiedene Themen gewünscht, da nach Meinung der Schüler*Innen einige Themen relativ oberflächlich angesprochen worden wären.

Die Glaubwürdigkeit wurde auch gelobt, allerdings hätten sich die Schüler*Innen hier gerne mehr „echte“ Personen gewünscht. Hier kam nach dem Spielen gleich die Frage, ob es die Personen denn wirklich gegeben hätte, was nach einer Verneinung etwas Enttäuschung erweckte. Positiv hervorgehoben wurden dagegen die im Spiel auftauchenden Originalquellen wie z.B. Plakate. Generell wäre die Stimmung der damaligen Zeit aber gut eingefangen worden.

Am Ende gab es also eine wirklich positive Bewertung für das Spiel: 8,5/10 Punkten konnte es im Schnitt hier von meinem Leistungskurs holen. Anbei einmal die gesamte Übersicht der Durchschnittsnoten:

Fazit

Der Einsatz von Mission 1929 in meinem Geschichtsunterricht hat sich gelohnt: Die Schüler*Innen hatten Spass, konnten inhaltlich noch einmal wichtige Ereignisse der Weimarer Republik wiederholen und haben sich kritisch mit der Geschichtsvermittlung durch Serious Games auseinandergesetzt. Als Fazit kamen wir zu der Formulierung, dass es Inhalt und Spielspass gut verknüpft und damit der Definition eines Serious Games entspricht. Aus diesem Grund hoben die Schüler auch hervor, dass es eben sehr gut zur Wiederholung dieser Zeit eingesetzt werden könne, wenn man diese Epoche bereits behandelt hätte: Ereignisse, Charaktere (wenn auch „nur“ fiktiv) und die Atmosphäre wären sehr gut getroffen gewesen. Kritisch angemerkt wurden der fehlende Wiederspielbarkeitswert und der nach einer gewissen Zeit etwas eintönige Spielablauf: Hier wurden sich u.a. kleine „Action-Events“ gewünscht, bspw. das Zusammenpuzzlen eines Hinweises, die das Spielgeschehen etwas aktiver machen würden. Ebenfalls angemerkt wurde, dass das Spiel am Ende eben auch „nur“ ein Spiel wäre und dementsprechend nicht die Realität, sondern die Vorstellungen der Entwickler*Innen gezeigt hätten. Hier zeigte sich, dass die Schüler*Innen trotz der Freude am Spielen die kritische Distanz nicht verloren hatten. Insofern kann ich den Einsatz des Spiels wärmstens weiterempfehlen und werde auch selbst noch einmal ausprobieren, wie das Spiel nicht zur Wiederholung, sondern zur Erarbeitung des Themas genutzt werden kann.

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