Alternatives Prüfungsformat: Der Team-Vokabeltest

Wenn es um Prüfungsformate geht, die jeder kennt, dürfte der „klassische“ Vokabeltest an erster Stelle stehen. Jeder von uns durfte zu seiner Schulzeit mindestens eine Fremdsprache lernen, wer musste (oder durfte 😉 ) teilweise sogar zwei, drei oder noch mehr. Und in jeder Sprache ist das Lernen des Wortschatzes elementar wichtig, um darin erfolgreich zu sein. Ohne Vokabelkenntnisse bringt einem auch das Wissen um die Grammatik oder Aussprache wenig. Dementsprechend ist es von großer Bedeutung, dafür zu sorgen, dass die Lernenden die Vokabeln auch gut lernen. Dazu ist der Vokabeltest, wie gesagt, ein ganz klassisches Mittel: Hier werden die Schülerinnen Vokabeln abgefragt, welche sie zu besagter Stunde lernen sollten. Meistens stehen die Wörter in der jeweiligen Fremdsprache auf der linken Seite, in die rechte Seite sollen dann Bedeutungen und ggf. weitere Informationen (z.B. Kasus und Genus im Lateinischen) eingetragen werden.

So praktisch dieses Verfahren auch ist, es bietet doch die ein oder andere Schwäche: So kann es immer mal vereinzelt Aussetzer geben, die in normalen Unterrichtsgeschehen nicht passieren würden. Da schon Kleinigkeiten hier größere Auswirkungen haben können, kann das für unangenehme Situationen sorgen. Ebenfalls stellt so ein Vokabeltest im klassischen Sinne eine Einzelleistung dar, die oftmals aber nicht dem Arbeiten im Unterricht entspricht. Hier wird richtigerweise viel auf gemeinsames Arbeiten und sich helfen gesetzt, was so ein klassischer Vokabeltest gar nicht abdeckt.

Um diese Probleme zu umgehen, habe ich mir überlegt, dass ich einfach mal was neues versuche und mir einen „Team-Vokabeltest“ ausgedacht. Grundgedanke ist, dass die Schüler*innen diesen Vokabeltest in Partnerarbeit schreiben dürfen.

Planung und Gestaltung

Vom Aufbau her ist der Vokabeltest erstmal klassisch gestaltet. Es gibt 15 lateinische Vokabeln, welche mit Bedeutungen sowie Formen etc. angegeben werden sollen. Neu ist, dass es dazu einen sogenannten „Chatbereich“ gibt. Dieser soll die Kommunikation während des Bearbeitens ermöglichen, ohne dass groß miteinander gesprochen wird. Zudem habe ich die Anweisung gegeben, dass sich alle, die diesen Vokabeltest in Partnerarbeit schreiben wollen, vor dem Test nebeneinander setzen sollen. Ebenfalls wichtig zu erwähnen ist, dass dieser Team-Vokabeltest nur eine Option war, jede*r, der wollte, durfte auch klassisch einen Einzeltest schreiben, dann mit 10 anstatt 15 Vokabeln.

Nach dem Austeilen des Zettels ging es dann direkt los. Für die Bearbeitung hatte ich die folgenden Regeln aufgestellt: Zur Kommunikation durfte nur der Chatbereich oder leises Flüstern genutzt werden. Ich hatte erst überlegt, auf letzteres zu verzichten, aber eine Kommunikation ganz ohne Sprache hätte für mich keinen Sinn gemacht, da hier teilweise auch diskutiert werden musste. Wie im klassischen Vokabeltest mussten auf der rechten Seite die gewünschten Angaben gemacht werden, während der rechte Bereich für die Korrektur „egal“ war. So führte ich also diesen Team-Vokabeltest durch und war gespannt auf die Ergebnisse.

Ergebnisse

Bei den Ergebnissen war ich gespannt: War dieser Team-Vokabeltest eventuell zu einfach? Oder das Format so neu, dass es eher verwirrt als geholfen hat? Ein Blick auf die Ergebnisse zeigte, dass diese Sorgen unbegründet waren. Am Ende waren die Ergebnisse besser als in der klassischen Variante, aber es war bei weitem nicht so, dass plötzlich alle eine 1 hatten. Insgesamt lag der Schnitt gut 0,3 Punkte (in Noten von 1-6) über dem letzten klassischen Vokabeltest. Als ich den Vokabeltest dann zurückgab, bat ich um ein Feedback der Schüler*innen, wie sie diese Methode fanden. Das folgende Feedback fiel dann sehr positiv aus: Sehr oft wurde erwähnt, dass ihnen diese Art des Vokabeltests ein wenig mehr Vertrauen gab, weil sie sich ggf. absprechen oder absichern konnten. Genauso wie sie es normalerweise auch beim „normalen“ Arbeiten im Unterricht machen würden. Ebenfalls wurde erwähnt, dass das Lernen nun gefühlt ein wenig verbindlicher war. Denn man musste sich aufeinander verlassen, weshalb der „Druck“ zu lernen sogar größer als beim normalem Vokabeltest war. Gleichzeitig gab es so aber auch eine Motivation, als Team eine gute Note zu bekommen, was mich als Feedback natürlich sehr gefreut hat.

Als „Kritik“ kamen die Punkte, dass sich einige Lernende ein wenig mehr Zeit gewünscht hätten, da sich viele erstmal an das Element der Absprache gewöhnen mussten. Auch das nur sehr leise miteinander sprechen wurde als Kritikpunkt angesprochen. Insgesamt waren die positiven Stimmen aber klar in der Überzahl, weshalb ich diese Art der alternativen Prüfungsleistung definitiv noch einmal ausprobieren werde. Eventuell werden einige Parameter noch angepasst, aber das generelle Ziel, die Vokabeltests „näher“ an den Unterrichtsalltag heranzuführen, scheint für mich gelungen.

Material

Wenn ihr Lust habt, auch mal so einen „Team-Vokabeltest“ durchzuführen, findet ihr die Vorlage dazu einmal hier zum Download.

Editierbare Vorlage „Team-Vokabeltest“

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3 Antworten

  1. Ist so ein Teamtest nicht ein gefundenes Fressen für Schüler, die zu faul zum Vokabellernen sind? Ich sehe da schon, wie sich bestimmte Kandidaten darum reißen, beim Test neben leistungsstarken und fleißigen Klassenkameraden zu sitzen und schön brav alles von diesen abschreiben und so völlig unverdient ein 1 bekommen.
    M.W.

    1. Hey Michaela, die Teams müssen sich vor dem Test bilden und da hat sich in der Praxis gezeigt, dass die Gruppen fast alle in den normalen „Freundschaftsgruppen“ zusammenkamen. Die Situation, dass da von Schwächeren um die Leistungsstärkeren „geworben“ wurde, kam da nicht auf. Ansonsten hast du insofern recht, dass das natürlich passieren kann. Aber für mich ist der Gedanke im Vrodergrund, langfristig da eine Art „Gemeinschaftsgefühl“ aufkommen zu lassen, wo das sich gegenseitig nicht im Stich lassen die zentrale Rolle einnimmt. Der Gedanke, dass beide lernen, um zusammen eine gute Leistung zu bringen. Deshalb will ich das jetzt mal austesten und gerne weiter berichten, wie es läuft. Zumal man diesem Argument nach auch keine Gruppenarbeiten etc. machen könnte.

  2. Ich hatte das in einer 7. Klasse ausprobiert und war gespannt ob das genau so passiert wie du das befürchtest. Es war aber eben so, wie Björn auch geschrieben hat: sie haben gemeinsam gelernt um gemeinsam ein gutes Ergebnis zu bekommen und die leistungsstarken Schüler weigern sich in der Regel auch mit „lernfaulen“ Schülern zusammen zu arbeiten (in Gruppenarbeiten so wie auch im Teamtest). Die Schüler fanden den Versuch super – wobei sich einige auch gegen den Teamtest und für den Einzeltest entschieden – und gerade auch für LRS-Kids bietet das eine tolle Möglichkeit, zu zeigen, dass sie die Wörter können. (GMS)

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