Wer kennt es nicht: Man möchte sich einen guten Einstieg für den Unterricht überlegen, doch einem fällt nichts ein. Dies war bei mir der Fall, als ich eine Unterrichtsstunde für meine achte Klasse plante, die sich rund um Otto von Bismarck und seine Rolle in der Geschichte drehte. Um mich ein wenig abzulenken, habe ich nebenbei ein wenig im Internet herumgesurft, und in diesem Moment bedeutete das: lustige ChatGPT-Prompts zu schreiben. Nach einigen weniger sinnvollen Spielereien kam mir die Idee, ChatGPT einfach mal einen Rap über Otto von Bismarck schreiben zu lassen. Denn… warum nicht? Während ich das Ergebnis beim ersten Lesen ganz witzig fand, kam mir beim zweiten Lesen der Gedanke, dass das Ergebnis auch für den Unterricht gar nicht so schlecht wäre.
In meiner achten Klasse befinden sich viele Schülerinnen und Schüler, die gerne Rapmusik hören. Sie sind mit diesem Medium vertraut, daher wäre dieser Text definitiv ein guter Aufhänger. Außerdem war er perfekt für den Einstieg geeignet, da er die wichtigsten Punkte über Bismarcks Rolle bei den Einigungskriegen und seine Amtszeit als Reichskanzler ansprach, gleichzeitig jedoch auch schon eine Wertung enthielt. Dies war für die Behandlung der Rezeption in dieser Stunde sinnvoll. Somit konnte ich nahtlos von einer kurzen Wiederholung seiner historischen Rolle zur Betrachtung der Rezeption in der Gegenwart überleiten. Ich entschied mich also, mit diesem Text in die Stunde einzusteigen.
Einsatz in der Stunde
Ich stieg also in die Stunde ein, indem ich den Text an die Tafel projizierte. Die Schülerinnen und Schüler waren ein wenig überrascht, ließen sich jedoch relativ schnell darauf ein. Nachdem der Text abwechselnd vorgelesen (bzw. „gerappt“) wurde, ging es darum, die historischen Elemente aus dem Rap herauszuarbeiten. Anschließend stellte ich die Frage, was wir aus diesem von ChatGPT generierten Rap über das heutige Bismarck-Bild schließen könnten. Die Antwort lautete nicht nur, dass es im Allgemeinen sehr positiv sei, weil es im Text so steht, sondern es wurde auch der Bezug zum Medium hergestellt: ChatGPT basiert seine Antworten auf eigener Recherche, daher könne man für „das Internet“ generell ein eher positives Bismarck-Bild ableiten. Es war ein spannender Gedanke, den ich so nicht geplant hatte. Auf jeden Fall entstand daraufhin eine gute Diskussion, die ich in eine Erarbeitungsphase überleiten konnte. Die Schülerinnen und Schüler erhielten einen Darstellungstext, der sich mit der Rezeption von Bismarck befasste.
Zum Abschluss der Stunde kehrten wir zum Rap zurück: Wir setzten uns mit den Aussagen im Rap auseinander. Es gab sowohl zustimmende Worte als auch kritische Anmerkungen, dass man durchaus auch Kritik an Bismarck äußern müsse und dass er auch seine „negativen“ Seiten habe. Nach der Diskussion folgte die Hausaufgabe: Schreibt einen eigenen Rap über Bismarck (oder lasst einen von ChatGPT schreiben), der „eure“ Meinung über Bismarck zeigt. In der nächsten Stunde wurden dann einige spannende Raps präsentiert, die positiv, eher kritisch oder auch abwägend waren.
Fazit
Der Einstieg über den Bismarck-Rap hat gut funktioniert und gezeigt, dass sich gerade mit ChatGPT solche kreativen Einstiege durchaus anbieten. Es hat gezeigt, wie das Medium genutzt werden kann, um historische Persönlichkeiten und ihre Rezeption kritisch zu hinterfragen. Im Geschichtsunterricht bieten sich weitere historische Personen wie Napoleon, Adenauer oder Caesar an, um ihre Rezeption genauer zu betrachten und zu diskutieren. Eine weitere Idee wäre beispielsweise, einen Battle-Rap zwischen zwei historischen Personen zu erstellen, um verschiedene Standpunkte und Sichtweisen aufeinander prallen zu lassen. Dadurch können die Schülerinnen und Schüler ihre kreativen Fähigkeiten nutzen und gleichzeitig historische Inhalte vertiefen. Es gibt viele Möglichkeiten, ChatGPT in den Unterricht einzubinden und die Schülerinnen und Schüler aktiv einzubeziehen.